Kalkofes letzte Worte
Die Leere zwischen den Ohren

Einen wunderschönen Tag! Sie lesen Ihre Hit-Kolumne "Kalkofes letzte Worte" mit den Superworten der 70er, 80er und 90er und den besten Buchstaben von heute sowie den Top-Klassikern des Alphabets im Mega-Mix mit bis zu vier Supersatzzeichen am Stück und mehr Abwechslung mit dem ewig gleichen Gelaber. Viel Spaß und allzeit Sonne im Hacken bei jedem Wetter und den geilsten Ortstemperaturen der letzten 200 Jahre!

Na, war dieses Intro nicht cool? Also, ich persönlich fand es richtig scheiße, aber wenn man den gewitzten Medienprofis der modernen Hit-and-Fun-Rundfunkanstalten glauben mag, so sollte es Ihnen eigentlich ganz superdufte gefallen haben, oder? Falls doch nicht, dann haben Sie es wahrscheinlich nur noch nicht oft genug gelesen – probieren Sie doch mal, die Sätze mehrfach stündlich vor sich hin zu sprechen oder im Drei-Minuten-Takt laut und lustig vorlesen zu lassen! Klingt blöd, müßte aber klappen – schließlich funktioniert heute beinahe der komplette Radiomarkt nach diesem Muster! "Wenn man die gleiche Scheiße nur oft genug wiederholt, dann hört sie irgendwann auf zu stinken!" lautet die pfiffige Theorie der Verantwortlichen dahinter. Und da der Hörer aus ihrer Sicht ohnehin bescheuert ist, muß man ihm nur so lange mit formatierter falscher Fröhlichkeit auf die Eier gehen, bis seine letzten noch aktiven Denkzellen in der Rübe freiwillig den Löffel abgeben.

In der Praxis funktioniert das folgendermaßen: erstens die Reduktion des Moderatoren-Wortschatzes auf den eines mäßig begabten Dreijährigen, zweitens das unverschämt dreiste Abnudeln einer sich niemals ändernden Musikauslegeware und drittens die so penetrant häufig in den Äther geblähte Behauptung, einfach der megageilste Möderlullen-Schuppen aller Zeiten zu sein, bis sich keiner mehr zu widersprechen traut! Das Endziel ist es schon längst nicht mehr, seine Konsumenten zu unterhalten, sondern vielmehr das so lange gnadenlose Einpeitschen der jeweiligen selbstreferentiellen Werbesprüche, bis auch der letzte nachts aus dem Schlaf gerissene Trottel fehlerfrei im Delirium aufsagen kann, welche Superhits aus welchem Jahrzehnt bei welchen Temperaturen auf welchem Sender laufen, und ob er dabei viel Spaß, gute Fahrt oder mehr Abwechslung versprochen bekommt! Akzeptieren wir die Realität: Das kreative Radio von einst befindet sich in der Gewalt von Machern, die für dieses Medium und sein Publikum nur noch eine Mischung aus Glesichgültigkeit, Haß und Verachtung empfinden. Aber bevor es ihnen nicht gelungen ist, daß jeder Tag klingt wie seine eigene Wiederholung, und wir bereit sind, das ewige Rauschen der Leere zwischen ihren Ohren für einen Superhit zu halten, werden sie ihre Geisel nicht freigeben! In diesem Sinne – gute Unterhaltung. Und herzliches Beileid.

    Kalkofes letzte Worte  

nach oben

  
drucken   |   gästebuch   |   kontakt   |   impressum