Kalkofes letzte Worte
Ab jetzt in Farbe !

Cool, oder? Total spacig und irre schrill - das kommt voll fett, echt suppengeil! Nur so kann man Texte heute noch schreiben im Hinblick auf das neue Jahrtausend - Color ist die Future, Baby! Nicht mehr nur so öde aneinandergepappte Buchstaben in black & white, nix mehr alles blanco - Worte müssen auch optisch ansprechen! Jedenfalls wenn man die hippen jungen Leute der braingepiercten Malbuch-Generation dazugewinnen möchte, die außer dem Lesen der Boygroup-Namen unter den Zappelvideos bei Viva und der Sprechblasen in der Bravo-Foto-Rammel-Story noch nicht so wahnsinnig viel mit Literatur zu tun gehabt haben.

Die Fernsehsender haben den Trend zur Mehrfarbigkeit schon längst durchschaut - nur ein paar alte Schnarchstationen der Öffis und die Kabelrestfilmverwerter, die sich keine Vollzeit-Färbung leisten können, bringen noch diese ganze verkalkte Schwarzweiß-Grütze. Von wegen "Klassiker" und all der Mumpitz - verscheißern kann ich mich selber! Wenn sie die Knete hätte, würde die ARD ja wohl auch nicht zum siebenhundertsten Male "Casablanca" einfach so stumpf wiederholen, sondern schnell auf dem Laptop nachcolorieren oder mit Klausjürgen Wussow und Witta Pohl neu verfilmen. Sogar der kommerzielle Arte-Ableger Pro 7 hat letztens lange mit sich ringen müssen, ob er denn wohl eine Sonderfolge der amerikanischen Buntserie "Akte X" ausstrahlen könne, die aus einem künstlerischen Versehen heraus in s/w produziert worden war - aber die Münchener Medien-Cascadeure ließen sich auf dieses waghalsige Experiment ein. Respekt vor soviel Mut! Man stelle sich nur all die kulturinteressierten Zuschauer vor, die - bei der farbenprächtigen "Arabella" vor Aufregung eingenickt und während der grauen Grusel-Show jäh erwacht - weinend ihr TV-Gerät zertrümmerten oder am nächsten Morgen verwirrt zum Optiker rannten, um sich neue Batterien für ihre Kontaktlinsen zu kaufen!

Was soll’s - wir leben nun mal in den 90ern, dem Zeitalter der bunten Blödigkeit, der Dekade, in der nach langem Kampf die Form endgültig über den Inhalt triumphiert hat. Wissen ist Qual, Design ist Macht, und wer sich beim Kaufen eines Rahmens noch um die Größe des Bildes schert, ist ein Idiot. Bleibt nur die Frage: Welche Farbe hat eigentlich die Dummheit? Blau-Rot-Gold wie die Nationalflagge von RTL, quer durch den Regenbogen wie der Hämorrhoiden-Hüpfball von Sat.1 oder einmal in den Tuschkasten gepißt wie der Hintergrund bei Premiere? Und wie bunt muß man eigentlich sein, um die eigene Farblosigkeit nicht mehr zu bemerken? Manchmal beneide ich wirklich Hunde - die sehen zwar nur Schwarzweiß, können Scheiße aber auf Anhieb riechen!

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