Kalkofes letzte Worte
Ein Dank an die Werbung

Werbung ist schon etwas Wunderbares. Vor allem im Fernsehen. Sie zeigt uns anhand von informativen Kurzfilmen, wie wir mit wenigen ausgesuchten Produkten unser verkorkstes Leben wieder in den Griff bekommen können. Oft ist es nämlich nur eine Frage der richtigen Sorte Halbfettmargarine, ob eine Beziehung funktioniert oder nicht. Wählt man die empfohlene Tiefkühlpizza, nagelt man problemlos die schärfsten Tussen auf die Matratze, mit einer Tasse Tüten-Cappuccino beschert man im Falle der korrekten Marke multiple Orgasmen, und gönnt man sich mal das gute Hundefutter mit Extra-Knorpel, wird man selbst spitz wie Nachbars Lumpi. Das war mir vorher nicht bewußt.

Hätte ich schon früher die Werbung etwas aufmerksamer verfolgt, wäre meine Jugend wahrscheinlich aufregender verlaufen. Vielleicht hätte ich sogar damals, als ich noch schlanker war und man an alle Teile rankam, über eine Geschlechtsumwandlung nachgedacht, nur um auch mir einmal all die Momente süßer Wonne und ausgelassener Lebensfreude zu ermöglichen, die eben nur eine Frau während ihrer Regel mit einer besonders dünnen Binde fühlen kann.

Am liebsten sehe ich Werbung allerdings nachts. Da werden die uninteressanten Spülmittel- und Schlemmerjoghurt-Spots gleich weggelassen, und man konzentriert sich auf das Wesentliche: schmutziger Sex mit telefongeilen Nymphomaninnen! Endlich mal eine wirklich konsumorientierte Angebotspalette. Wem zuckt nicht der Zeigefinger in Richtung Sprechgerät, wenn ein magersüchtiges SM-Teenie-Luder mit schiefen Zähnen und Wasserleichen-Make-up sich breitbeinig vor die Kamera stellt und mit knallender Ochsenpeitsche um einen Anruf bittet? Oder wenn olle Schabracken sich im Morgenmantel auf dem Futon lümmeln und ihre ausgetretenen Latschen ablecken, um für die Konversation mit reifen Frauen über vierzig zu werben? Also mich reizt das schon, vielleicht hat Tante Schlabbermauke ja etwas wirklich Wichtiges zu sagen, wenn sie mal kurz zu stöhnen aufhört und die Stiefelette aus dem Mund nimmt, wer weiß das schon...

Außer fernmündlichen Kopulationskontakten im Onanier-Tele-Shop wird nach Mitternacht ja überraschend wenig angepriesen, höchstens noch ein paar Boulevard-doku-mentarische Video-Editionen über "Die 100 schönsten Vernichtungskriege" oder das Dritte Reich privat mit "Hitler, die Stimmungskanone" und "Goebbels, der Gemütsmensch". Denken die beim Fernsehen etwa, daß so spät ohnehin nur noch alleinstehende militante Perverslinge vor der Glotze hocken? Oder möchte man einfach, daß sich tagsüber bei den Daily-Talk-Shows wenigstens in den Werbeblöcken mal nicht alles nur ums Ficken dreht? Verständlich wäre beides.

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