Kalkofes letzte Worte
Wer hat nur die Geschichte geschrieben ?

Das frage ich mich wirklich oft, wenn ich abends bei einer Tüte guten Rotweins vor meiner Zentralheizung sitze und interessiert in alten Geschichtsbüchern schmöker. Wer hat diese Storys bloß erfunden?

Im Volksmund versteht man unter "Geschichte" ja quasi all das, was sich seit dem ersten Amöbenschiß und gestern auf unserer Erde so ereignet hat, sie beruht somit gewissermaßen auf einer wahren Begebenheit. Doch wenn wir ehrlich sind, liest sich das meiste schon ziemlich albern. Anfangs schienen sämtliche Völker hauptberuflich in bewaffneten Reisegruppen von Land zu Land zu juckeln, nur um sich zur Begrüßung gegenseitig totzuschlagen oder manchmal auch noch ein bisschen zu schänden und zu plündern, wenn die Zeit reichte. Die Ägypter bauten derweil seltsame spitze Wohnblöcke in ungastliche Wüstenvororte, die außer ein paar toten Pharaonen natürlich kein gesunder Mensch mieten wollte ... nicht einmal Studenten. Die Franzosen erfanden die Guillotine, die Deutschen den Weltkrieg und die Griechen das Gyros, alles nicht sehr erfreulich.

Aber wieso nur musste ich schon als Kind unter Qualen die gesammelten Highlights der vermurksten Homo-sapiens-Historie in der Schule lernen, dargereicht von ranzigen Lehrkörpern, deren Absicht es stets schien, die Morbidität des Themas bereits in Kleidung und Körpergeruch auszudrücken? "Damit wir die Fehler von einst nicht wiederholen, sondern möglichst neue, dümmere machen", war die standardisierte Antwort. Streber glaubten dies willig und bildeten sich weiter mit Hilfe lehrreicher "Was ist was?"-Bände, das normale Kind begnügte sich mit "Asterix" und "Time Tunnel". Abgesehen davon wurde damals die Geschichte in den Medien eher zurückhaltend behandelt.

Heute ist das anders. History ist in, das Fernsehen ist voll von TV-Movies über Gladbeck, die Nationalelf und andere Katastrophen der jüngeren Geschichte. Und von Hitlers Steuerberater bis zu Goebbels' Gemüsehändler wurde so ungefähr jeder Berufsgruppe des Dritten Reichs eine eigene Doku-Reihe gewidmet. Übrigens: Wer nicht merkt, daß auch die Spätausgabe der "Tagesschau" im Dritten nur eine zwanzig Jahre alte Wiederholung ist, der wird auf ewig die Ungenauigkeit der Wetterkarte verfluchen und sich viel zu breite Krawatten kaufen. Aber so ist das beim Fernsehen: Irgendwann wird alles wiederholt, manchmal sogar das eigene Leben. Hauptsache man endet nicht als Vorabendserie bei RTL.

Bleibt letztendlich also nur die Hoffnung, daß wir wenigstens in der Zukunft für unsere Geschichte ein paar anständige Autoren finden - von der Regie mal ganz zu schweigen!

    Kalkofes letzte Worte  

nach oben

  
drucken   |   gästebuch   |   kontakt   |   impressum