Kalkofes letzte Worte
Proud to be stolz

"Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein!" Jawoll, denkt da so manch einer sachlich und spürt ein freudig erregtes Zucken im Grußarm. Nee, ist doch voll faschistoid, diese ganze Patriotisiererei und so, denken wiederum andere mit Kribbeln in der Protestfaust. Och Gott, warum eigentlich nicht, in anderen Ländern ist man ja auch stolz und da wohnen viel döfere Leute, geht der dritten Gruppe durch den geräumigen Kopf. Und ohne daß es irgendjemand wirklich wissen wollte wird kurz vor Führers Geburtstag plötzlich in den Medien mit streberhaftem Übereifer herumdiskutiert und philosophiert, ob und wie es für uns Deutsche denn nun in Ordnung sei, Nationalehre zu empfinden und wenn nicht warum eigentlich oder umgekehrt.

Erfrischend unnötig. Doch vielleicht ist es ja einfach nur längst überfällig, wieder etwas bundesrepublika- nisches Selbstbewußtsein für unsere Heimat zu entwickeln. Ja - wir wollen endlich wieder stolz sein dürfen können sollen. Stolz auf unser deutsches Vaterland. Auch auf die Zone. Auf unsere wunder- schönen Wälder und Seen und was noch davon übrig ist. Auf unsere Autobahnen, um die uns die ganze Welt beneidet. Auf unsere Pünktlichkeit, Präzision und Zuverlässigkeit. Und darauf, daß wir das immer noch wirklich glauben. Auf die etwas zu häufig zitierte Demokratie, unsere Bratwurst und Politiker, die sich aufführen wie minderbegabte Grundschulabgänger mit Mafia-Praktikum und trotzdem unser Vertrauen verlangen. Auf einen knuffig-moppeligen Ex-Kanzler, der uns zeigt, daß Gerechtigkeit doch bezahlbar ist. Darauf daß es draußen nur Kännchen gibt. Stolz auf unsere Kultur, auf Schiller und Karl May, Goethe, die Bild-Zeitung, Max Schautzer und Beckenbauer. Auf Naddel, Zlatko und Verona, Bobbel Becker und die Samenräuber, Blümchen und den Artenschutz. Auf ZDF bis MKS und RTL bis BSE. Auf Dolly Buster und unsere anschwellende Ausländerfreundlichkeit proportional zur Tittengröße. Auf den Ring der Nibelungen und den Schwanz von Dieter Bohlen, auf die Toleranz der Dummheit und den Schutz vor der Vernunft. Stolz auf Big Brother, den modernen Strafvollzug und den Frieden mit den Niederlanden.

Und auf mich, daß ich trotz allem noch hier lebe und auch gar nicht unbedingt weg möchte, obwohl ich bei meiner Geburt noch nicht einmal ein Werbegeschenk bekam. Darauf daß es mir eigentlich scheißegal ist, welcher Nationalität ich angehöre. Und daß ich immer noch ich selbst sein kann, wo und wann und wie auch immer. Denn falscher Stolz ist letztendlich nur was für Leute, die selbst für einen anständigen Minderwertigkeitskomplex zu dämlich sind.

    Kalkofes letzte Worte  

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