PR-Streit um den Präsidenten der FIFA: Weil eine südafrikanische Fluggesellschaft nicht mit der Fußball-WM werben soll, schickt der Weltverband seine Anwälte. Der Billigflieger reagiert mit Galgenhumor und einem neuem Maskottchen: einem Terrier namens Sepp Blatter. Weiter...
Heute wählt die Bundesversammlung den neuen Präsidenten. Leider geht es nicht darum, wer sich am besten für dieses Amt eignet. Es geht um Macht, um Rache und um das Schicksal Angela Merkels. Den Delegierten und der Wahl wird die Würde genommen.
Wie die Väter des Grundgesetzes den Bundespräsidenten wählen wollten, das ließen sie im Detail offen. Und das Bundesrecht eröffnete anfangs einen großen Spielraum. Obwohl die Fraktionen Vorschläge machten, konnte im Prinzip jeder in der Bundesversammlung auf einen Zettel schreiben, wen er für den Besten hielt - ob nominiert oder nicht.
Der Idee nach sind Demokratien lebendige Gebilde, sie setzen den Willen der Mehrheit eines Volkes um. Sie sind achtsam und leben vom Interesse einer Bevölkerung am Gemeinwohl. Sie sind, pathetischer formuliert, die politische Entsprechung einer aufgeklärten Ethik seit den Tagen des Aristoteles: die Chance auf ein erfülltes Leben für so viele Menschen wie möglich.
Ist dieses Versprechen in unserem Land repräsentiert? Wer Bundespräsident werden soll, wird spätestens seit 1959 von Parteichefs ausgeklüngelt. Und die erkorenen Mitglieder der Bundesversammlung sollen wählen, was ihnen von den Parteien vorgegeben wird. Eigene spontane Vorschläge während der Wahl sind seitdem nicht mehr erlaubt. Und was Adenauer damals recht war, ist auch Merkel heute billig. Doch die Empörung in der Bevölkerung wächst.
Es geht um mehr als nur um eine Formalität, ein Amt oder eine Person. Es geht ums Ganze. Einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge findet jeder dritte Deutsche, unsere Demokratie funktioniere nicht gut. Im Osten des Landes meinen dies sogar 61 Prozent. All dies zu Protokoll gegeben noch vor Schwarz-Gelb, vor den Klientelgeschenken an Hoteliers, den Querelen um die Gesundheitspolitik, den Streitereien um eine möglichst harmlose Regulierung der Finanzmärkte und dem instinktlos einseitigen Sparpaket.
Das Zeugnis, das viele Menschen unserer Demokratie ausstellen, ist nicht der Ausdruck eines Stimmungstiefs. Warum auch sollte die Bevölkerung kollektiv an Hormonschwankungen leiden, nur weil der fortwährende Anblick Guido Westerwelles oder Angela Merkels sie deprimiert? Vielmehr ist es die Bescheinigung einer zunehmenden Entfremdung.
Der immer trotzigere Versuch, eine Politik von gestern zu bewahren
Dass die parlamentarische Demokratie in unserem Land dem Volk aus historisch schlechter Erfahrung nicht über den Weg traut, ist bekannt: kaum Volksbegehren, keine Direktwahl bei hohen Ämtern, kein imperatives Mandat. Aber während das politische System und sein Personal in diesem Misstrauen verharren, hat sich die Bevölkerung längst gewandelt. Der durchschnittliche Deutsche in den fünfziger Jahren war kein überzeugter Demokrat, aber zufrieden. Heute ist der durchschnittliche Deutsche ein überzeugter Demokrat - und unzufrieden.
Menschen in Deutschland werden heute zu allem gefragt und dürfen sich vieles aussuchen: vom Premiumtarif beim Handy bis zu Bahntarifen - als Kunde lebt jeder Deutsche in der Illusion von Teilhabe oder Mitbestimmung. Im Internet darf er den gekauften Fotoapparat genauso bewerten wie den Einsatz in Afghanistan. Und im Chat kann er sich über eine Freundin aufregen wie über Angela Merkel. Doch das Erfolgserlebnis, das er bei der Abstimmung zum Eurovision Song Contest hat, wird ihm bei der Wahl des Bundespräsidenten verwehrt. Lena dürfen wir wählen, aber nicht Gauck oder Wulff.
Die Entfremdung der Politiker von den Bürgern ist mehr als nur eine Frage von verweigerter Mitbestimmung. Sie ist auch der immer trotzigere Versuch, eine Politik von gestern zu bewahren, in der Form und im Inhalt. Ihren stärksten Ausdruck findet sie in der Ideologie des Wachstums, die glauben machen möchte, dass wir weiterhin die Umwelt zerstören und Ressourcen aufbrauchen müssen, um noch mehr Konsumgüter zu erzeugen. Tatsächlich fördert das Wirtschaftswachstum schon lange nicht mehr den Wohlstand, sondern es ruiniert ihn. Jede neue Autobahn erhöht die Lärmentwicklung, jedes neue Einkaufscenter enteignet den Mittelstand, und die Abwrackprämie bezahlen der Steuerzahler und die Umwelt.
Wie ein Dinosaurier torkelt der Staat seinem evolutionären Ende entgegen
Wie ist eine solche Unverantwortlichkeit der Politiker erklärbar? Warum steuern sie nicht gegen, wenn die mit Wachstumshormonen gedopte Gesellschaft mit Volldampf nach Absurdistan fährt? Weil niemand dafür zuständig ist. Die Gesamtrichtung zu bestimmen und zu verändern ist nicht die Aufgabe von Ministern. Die Nöte und Notwendigkeiten der Ressorts folgen festgelegten Verfahren. Wenn alle in die falsche Richtung laufen, irritiert der Mahner als Geisterfahrer.
Wie ein Dinosaurier torkelt der Staat seinem evolutionären Ende entgegen. Den baldigen Meteoriteneinschlag ahnt er, aber er hat ihm nichts entgegenzusetzen: nicht der Schuldenexplosion, der er mit Schönheitskosmetik begegnet, nicht der immer größeren Kluft zwischen Arm und Reich, nicht der Versteppung der Kommunen, nicht der psychischen Umweltverschmutzung durch die Werbung, ganz zu schweigen von den Gefahren des Klimawandels. Die ökologische, monetäre und soziale Kreidezeit nimmt er als gegeben hin.
In solcher Lage fehlt der Politik auch der Wille, etwas zu ändern. Das politische Führungspersonal unterscheidet sich kaum von den Bankern der Konkurswirtschaft, die noch mitnahmen, was sie kriegen konnten: ein paar letzte Privilegien, ein bisschen Machtgefühl, ein paar Versorgungsansprüche.
Das soziologische Problem der politischen Führungselite ist der Mangel an Selbstbeobachtung. Systeme werden fragil, wenn sie es nicht mehr schaffen, sich selbst mit anderen Augen zu sehen. Selbstblindheit verhindert nicht nur Innovation, sie verleitet auch dazu, den Ernst der Lage zu verkennen: in Weimar 1933 nicht anders als 1989 in Ost-Berlin.
Dazu kommt, dass auch die vermeintlichen Wächter unserer Demokratie, die Massenmedien, ihrer Funktion kaum gerecht werden. Die Nachrichtensendungen und Polit-Magazine behandeln Politik längst als Yellow-Press-Thema: wer mit wem, warum und warum nicht - ein nur mäßig interessantes Unterhaltungsprogramm mit wenig attraktiven Darstellern.
Doch während das Publikum diesen Daily Soaps kaum noch einen Reiz abgewinnt, halten die politischen Seriendarsteller ihre mediale Rolle für die Realität und ihr Bild für sich selbst. Politiker interessieren sich in erster Linie für andere Politiker - für Konkurrenten und Verbündete, Parteimitglieder und andere Feinde, für Zweckbündnisse und Proporzgemeinschaften.
Ein solcher Politiker kennt das Volk nicht. Er braucht es auch nicht zu kennen, allenfalls dessen Kondensat in den Meinungsumfragen der Demoskopen. Im Tagesgeschäft nimmt er die Bevölkerung nicht wahr, weil nichts und niemand ihn dazu verpflichtet, außer vielleicht bei einer Wahlkampftour. Das Demokratie-Theater ließe sich letztlich auch ohne Zuschauer spielen. Was fehlt, ist die Interdependenz, die Erfrischung, der Austausch, die Erdung, die Langfristigkeit und der soziale Sinn für die Wirklichkeit.
Wenn sich ein Politiker tatsächlich einmal an "die Menschen" wendet, die er nicht kennt, wählt er zur Sicherheit seine dümmsten Formulierungen. Doch für einen Spitzenpolitiker, der Arbeitslose zum Schneeschippen schicken will, empfiehlt sich nur eines: eine Realitätskur. Ein soziales Jahr zum Beispiel in einer verarmten ostdeutschen Stadt.
Doch warum machen "das Volk" oder "die Menschen" das alles noch weiter mit? Weil niemand "das Volk" oder "die Menschen" ist, sondern im Zweifelsfall nur ein Fernsehzuschauer, der sich nach jeder Talkshow vornimmt, dass er sich das nun wirklich nicht mehr antut. Und zur Wahl geht er auch nicht mehr, weil er sich nicht repräsentiert fühlt. Keine Partei ist so stark in Deutschland wie die der Nichtwähler. Sie ist die neue Volkspartei. Politiker können damit leben - unsere Demokratie kann es nicht.
Wenn die Regierung und die Regierenden den Willen des Volkes nicht mehr abbilden, nicht in der Klimafrage, nicht in Afghanistan, nicht im Wunsch nach mehr direkter Demokratie, wenn sie ein Europa schaffen, das zwar die Gurken normiert, aber keine gemeinsame Armee, keine gemeinsame Entwicklungshilfe und keine gemeinsame Klimapolitik zustande bringt, fragt sich, woher sie ihre Legitimität beziehen. Wie niedrig muss die Wahlbeteiligung werden, bis die Regenten sich nicht mehr als Repräsentanten fühlen - 40 Prozent, 30 oder 20?
Unsere Demokratie wird nicht mehr reflektiert
Die Wachsamkeit, die bundesdeutsche Politik bis 1990 auszeichnete, ist dahin. Unsere Demokratie ist so selbstverständlich, dass sie nicht mehr reflektiert wird. Bei Glaubens- und Meinungsmonopolen, so schrieb der britische Philosoph und Freiheitsdenker John Stuart Mill im Jahr 1859, werde der Glaube oder die Meinung schnell zur nicht mehr gelebten Phrase: "Sowohl Lehrer wie Jünger schlafen auf ihrem Posten ein, sobald kein Feind in Sicht ist."
Der "Feind" ist längst da. Er schwenkt keine Fahnen, dröhnt keine Parolen und droht nicht mit Armeen. Er kommt auf den leisen Sohlen des Klimawandels, dem gleitenden Zerfall Europas, der Unterspülung der Moral durch Ebbe und Flut der internationalen Finanzwirtschaft, dem Siechtum der sozialen Sicherungssysteme. Nach Mill braucht eine Demokratie auf der obersten Führungsebene ausgewiesene und unbestechliche Experten. Nur wenn die Besten der Besten regierten, sei vertretbar, dass nicht das Volk selbst das Zepter der Macht schwinge. Die Experten in der Realität bundesdeutscher Demokratie aber finden sich gut getarnt und verschüttet hinter Stapeln ungelesener Expertisen, predigen in Büchern, die kein Politiker liest, oder versinken im Arbeitsalltag unserer Universitäten.
Unsere Politiker dagegen gleichen herumirrenden Wanderern. Die Karten, die sie in den Händen halten, stimmen nicht mehr mit der Landschaft überein. Ausgetretene Pfade geben die Richtung vor und nicht der Orientierungssinn. Als Wegweiser dienen ihnen die Lobbyisten aller Couleur, die im Bundestag ein und aus gehen.
Alle zusammen und gegeneinander stellen sie ihre Scheinwerfer auf und verschmutzen das Licht moralischer Erkenntnis. Wie Metropolen bei Nacht schaffen sie ihren eigenen Lichtkegel, der es unmöglich macht, den bestirnten Himmel zu sehen.
Haben wir sogar die Politiker, die wir verdienen?
Lobbyisten bekommen die Politik, die sie wollen, sei es durch eine Parteispende, durch beharrliche Freundlichkeit oder durch Jobangebote für nebenbei und nachher. Clement, Bangemann, Althaus, Fischer, Schröder, demnächst wohl Roland Koch - dies sind keine Elder Statesmen mehr, sondern Elder Salesmen.
Wenn eine Erkenntnis und ein gegenläufiges Interesse aufeinandertreffen, gewinnt das Interesse. Doch wie lange lassen sich die Bürger das noch gefallen?
Oder haben wir sogar die Politiker, die wir verdienen? Wer sich über den Klimawandel empört wie über die Benzinpreiserhöhung, braucht sich nicht besser zu fühlen als das Personal, das ihn vertritt. Und die örtliche Betäubung des Gehirns, die Befriedung durch Befriedigung der Unterhaltungsindustrie, hinterlässt Spuren: nicht Erfüllung, aber Ruhe.
Der Aufstand der Menschen im Internet und anderswo für "ihren" Bundespräsidentschaftskandidaten Joachim Gauck spricht eine andere Sprache. Er könnte ein Zeichen sein, selbst und gerade dann, wenn Gauck verlieren sollte. Ein Symbol, das größer ist als der Mann. Ein Fanal für den Umbau unseres Staates, gespeist aus der Phantasie und Schwarmintelligenz seiner Bürger. Mehr Verantwortung für alle in den Städten, in den Betrieben und mehr Volksentscheide - dort ist vorn.
"Überall müssen sich Autorität und Tradition die Frage nach der Rechtfertigung gefallen lassen ... Nicht weniger, sondern mehr Demokratie - das ist die Forderung, das ist das große Ziel, dem wir uns alle und zumal die Jugend zu verschreiben haben." Der das sagte, war ein großer Bundespräsident: Gustav Heinemann. Seine Worte gelten noch immer und wieder neu.
28 JUN 2010
Deutschland müllert England weg
So hoch hat Deutschland gegen England noch nie gewonnen. In einem Achtelfinal-Drama sieg- ten Jogi Löws Männer 4:1, Thomas Müller als Star des Spiels traf gleich zweimal - doch ein nicht gegebenes Tor für die Gegner wird noch Diskussionen nach sich ziehen. Aber wieso eigentlich? Die Torkamera zeigt eindeutig - der Ball war vor der Linie;-) Wembley-66-Revanche!
Du befindest Dich in einem Schuhladen und stehst an der Kasse. Vor Dir in der Schlange steht nur noch eine einzige Dame, eine nette, sympathische Erscheinung. Sie scheint die Kassiererin zu kennen, gehören wohl irgendwie zusammen. Auf einmal entdeckst Du auf dem Regal hinter der Kassiererin ein Paar Schuhe, in das Du Dich sofort verliebst. Du hast zwar schon genügend Schuhe, aber dieses Paar ist einzigartig, Du musst es einfach haben, dieses Paar ist nur geschaffen worden, um Dir zu gehören, Du musst es besitzen, damit Dein Leben glücklich weitergeführt werden kann, es geht nicht mehr ohne dieses Paar! Plötzlich bemerkst Du, wie die Dame vor Dir in der Schlange, mit demselben Paar liebäugelt. Die blöde Kuh! Per Blickkontakt signalisiert sie, dass das Paar nicht in Deine Hände gelangen soll. Ihr beide habt nicht genügend Geld dabei, um das Paar zu bezahlen. Vordrängeln macht keinen Sinn, ohne bezahlen zu können. Die Verkäuferin schaut Euch geduldig an und wartet. Deine Freundin, die gerade im Laden andere Schuhe anprobiert, erkennt Deine missliche Lage und reagiert, wie es natürlich eine solidarisch-loyale Freundin tut, die man in einer Extremsituation wie dieser braucht. Sie plant, Dir ihr Portemonnaie zuzuwerfen, damit Du das hinterhältige, fiese Biest vor Dir geschickt umrunden und die Schuhe kaufen kannst. Sie wird Dir den Geldbeutel über sie hinweg nach vorne werfen, und während dieser sich in der Luft befindet, umrundest Du das Miststück, fängst das Geld und kaufst blitzschnell die Schuhe. Aber: Solange Deine Freundin den Akt des Zuwerfens nicht abgeschlossen hat, das heißt, dass Geld sich noch in ihrer Hand und nicht in der Luft befindet, darfst Du Dich beim Überholen zwar auf gleicher Höhe, aber nicht schon vor der anderen Kundin befinden. Andernfalls bist Du im Abseits!
27 JUN 2010
Köhlers Rücktritt: Die 148-Mrd-Euro-Frage
Warum ist Horst Köhler von seinem Amt zurückgetreten? War wirklich die massive öffentliche Kritik an seinem Interview im Deutschlandradio der Auslöser, in dem er über Einsätze der Bundeswehr auch zum Schutz von Wirtschaftsinteressen nachgedacht hatte?
Peter Gauweiler glaubt, dass es andere Gründe geben muss. Er fragt sich, ob nicht Köhler aus der Bundesregierung heraus unter Druck gesetzt wurde - nicht wegen des Interviews. Sondern in der bislang größten Herausforderung der Bundesrepublik - der Euro-Krise. Er hat seine Vermutungen in einem offenen Brief an Köhler zusammengefasst. Dreh- und Angelpunkt ist das Tempo, mit dem der Euro-Rettungsschirm von bis zu 147,6 Milliarden Euro durch Bundestag und Bundesrat gebracht wurde. Das geschah an einem einzigen Tag, dem 21. Mai.
Am selben Tag landete Köhler - am Ende seiner Afghanistan-Reise - erst spät in der Nacht in Berlin. Bereits am nächsten Tag, einem Samstag, unterzeichnete Köhler das Gesetz. Um 16 Uhr meldete dpa Vollzug. So schnell ist noch nie ein so wichtiges Vorhaben durchgebracht worden. "Von einer ernsthaften Prüfung kann doch keine Rede sein", sagt Gauweiler.
In seinem Brief an Köhler fragt er denn auch: "Ist es wirklich wahr, dass Sie keine verfassungs- rechtlichen Bedenken gegen diese Prozedur hatten? Haben Sie aus freien Stücken in so un- gewöhnlicher Eile das Gesetz unterschrieben und ausfertigen lassen?" Sind das alles wilde Verschwörungstheorien? Es gibt in der Tat nicht nur eine Merkwürdigkeit. Weiterlesen ...
26 JUN 2010
Steuergerechtigkeit - Gerechtigkeitslücke
Die Reichen werden trotz Krise immer reicher, gleichzeitig wächst die Zahl der Armen: Nach einer neuen Studie hat sich die Einkommenslücke in Deutschland ausgeweitet. Großer Verlie- rer ist die Mittelschicht und das Sparprogramm der Regierung wird die Lage noch verschärfen.
Selbst für Brüsseler Verhältnisse ist dieser Apparat gigantisch: 8000 Mitarbeiter bekommt das neue EU-Außenamt und ein Budget von acht Milliarden Euro. Die Parlamentarier sind in ihrer Kritik einig wie selten, aber keiner will das Prestigeprojekt attackieren. Das liefert den Europa- skeptikern Munition. Weiterlesen ...
22 JUN 2010
Live aus dem BP Headquarter ...
Die Pannenserie bei BP geht weiter: Das Absaugen des Öls musste am Wochenende unterbrochen werden, der Tanker Discoverer Enterprise stellte vermutlich nach einem Blitzschlag seinen Betrieb verübergehend ein.
Der aus den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts bekannte Junkers Gegenkolbenmotor, ausgelegt als Zweitakter-Diesel in den Flugzeugmotoren Jumo 205 und 207 erlebt derzeit seine Renaissance. Der von Prof. Hofbauer, langjähriger Diesel-Entwicklungsleiter bei VW, patentierte "Opposed Piston Opposed Cylinder Engine" (OPOC) wird von der Firma EcoMotors gebaut und Eurocopter möchte dieses Aggregat in Verbindung mit Generator und E-Motor in einem völlig neuen Hybrid-Hubschrauber einsetzen. Auch ein reiner Elektroflug soll möglich sein. Gegenüber einem üblichen Doppel-Turbinen- Helikopter EC-135 möchte man mit diesem Konzept 30 Prozent Kraftstoff sparen.
Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wird nach der Umwelt nun auch zum Desaster für BP. Der Ruf ist geschädigt, die Kosten für den Konzern schnellen in die Höhe - und in London stürzt der Kurs der Aktie ab. Fachleute zweifeln, ob das Unternehmen in seiner bisherigen Form überlebt. Die Umweltkatastrophe übertrifft die schlimmsten Erwartungen: Die US-Geologiebehörde hat ihre Prognose für die bislang ausgeflossene Ölmenge erhöht. Der BP-Konzern erwägt nun, seinen Aktionären die Dividende zu streichen. Die US-Regierung will die Hintergründe der Öl- pest strafrechtlich untersuchen - ändern wird das am Ende wenig: Das Desaster im Golf offen- bart den Irrglauben an die Allmacht der Technologie und die Beherrschbarkeit ihrer Risiken.
Die Ölpest wird wohl nicht auf den Golf von Mexiko beschränkt bleiben: Computersimulationen zufolge treibt der Teppich in den Atlantik. Auch der Ostküste der USA droht ein Desaster - von dort driftet das Öl Richtung Europa. Engagement, Originalität, Absurditäten: BP wird mit Tüftler-Vorschlägen zur Eindämmung der Ölpest im Golf von Mexiko überschwemmt. Die Firma gibt vor, zuzuhören. Fraglich ist, ob sie der Ideensammlung wirklich Bedeutung beimisst oder sie nur als PR-Manöver nutzt.
Am Golf von Mexiko bestimmt BP, wer die Ölpest zu Gesicht bekommt. Die Firma blockiert die Berichterstattung über die Katastrophe. Mit riskanten Tricks erlangen Reporter Zugang zur Sperrzone - ihnen bieten sich grausige Bilder. Je schlimmer die Krise, desto besser muss die PR sein. Diese Weisheit hat sich auch der BP-Konzern zueigen gemacht und versucht jetzt, mehr Websurfer auf seinen Info-Seiten zur Ölkrise im Golf zu locken. Nur dort kann das Unternehmen seine Sicht der Dinge ungestört verbreiten.
wen meinen Sie eigentlich, wenn Sie sagen, wir hätten jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt?
Ich jedenfalls habe das nämlich ganz sicher nicht getan. Ich gebe nur das Geld aus, das ich habe. Ich zahle Steuern, bin gesetzlich krankenversichert und sorge privat für das Alter vor. Ich habe mich durch Ihre Abwrackprämie nicht dazu verlocken lassen, einen überflüssigen Neu- wagen zu kaufen, ich bin kein Hotelier und kein Milchbauer. Und "Freibier für alle" habe ich auch noch nie verlangt.
Meinen Sie vielleicht die Arbeitslosen und Hartz IV-Bezieher, bei denen jetzt gekürzt werden soll? Meinen Sie die Zeit- und Leiharbeiter, die nicht wissen, wie lange sie ihren Job noch haben? Oder meinen Sie die Normalverdiener, denen immer weniger netto vom brutto übrigbleibt? Haben die etwa alle "über ihre Verhältnisse" gelebt?
Nein, maßlos waren und sind ganz andere: Zum Beispiel die Banken, die erst mit hochriskan- ten Geschäften Kasse machen, dann Milliarden in den Sand setzen, sich vom Steuerzahler retten lassen und nun einfach weiterzocken als ob nichts gewesen wäre.
Zum Beispiel ein beleidigter Bundespräsident, der es sich leisten kann Knall auf Fall seinen Posten einfach hinzuwerfen - sein Gehalt läuft ja bis zum Lebensende weiter, Dienstwagen, Büro und Sekretärin inklusive.
Zum Beispiel die Politik, die unfassbare Schuldenberge aufhäuft und dann in Sonntagsreden über "Generationengerechtigkeit" schwadroniert. Die von millionenteuren Stadtschlössern träumt und zulässt, dass es in Schulen und Kindergärten reinregnet. Die in guten Zeiten Geld verpulvert und in der Krise dann den Gürtel plötzlich enger schnallen will, aber immer nur bei den anderen und nie bei sich selbst.
Liebe Frau Bundeskanzlerin, nicht die Menschen, sondern der Staat hat dank Ihrer tätigen Mithilfe möglicherweise über seine Verhältnisse gelebt. Ganz sicher aber wird er unter seinen Möglichkeiten regiert.
Mit - verhältnismäßig - freundlichen Grüßen, Ihr Stephan Ueberbach
Unsere Arbeitswelt hat sich verändert. Vorbei sind die Zeiten, in denen es zwei Klassen von Mitarbeitern brauchte: "Oben" die Denker und Lenker, "unten" diejenigen, die umsetzen, was ihnen vorgegeben wird. Unternehmen, die nach diesem Prinzip organisiert sind, können das Tempo unserer heutigen Zeit nicht mehr mitgehen. Lediglich ein paar große Dinosaurier scheinen noch so agieren zu können. Meist weil sie die trägen, unwirtschaftlichen Teile quer- subventionieren oder die unternehmerische Verantwortung an Lieferanten delegieren, die sie bis zum letzten Tropfen ausquetschen.
Die Trägheit, die wir bei vielen Unternehmen erleben, ist in deren Struktur verankert. Erfolgreiches Agieren wurde über die Jahre in Hierarchien, Regelwerke, Prozesse, Verfahren, Richtlinien etc. gegossen. Was gut war, sollte damit bewahrt werden. Unerwünschtes Verhalten sollte mehr und mehr eingeschränkt werden. Mit dem Ziel, die Produktivität stetig zu verbes- sern. Herausgekommen ist ein undurchdringliches Gestrüpp an organisatorischen Hindernis- sen, das uns tagtäglich in unserer Beweglichkeit einschränkt. Schlimmer noch: Es verhindert auch noch den uneingeschränkten Blick auf die wirklichen Bedürfnisse des Marktes.
In diesem strukturellen Dschungel haben wir es uns über die Jahre bequem gemacht. Wir haben uns ein behagliches Plätzchen geschaffen, tun unseren Job und hinterfragen nur, was akuten Schmerz verursacht. Sie glauben es nicht?
Die Araber haben (wieder) einen Riesenauftrag für den A380 bei Airbus platziert. Mit der jetzigen Bestellung von 32 Stück kommt Emirates dann auf eine Flotte von 90 A380, nebst der restlichen Flotte. Für Airbus ist es die bedeutendste Bestellung in der Geschichte des Konzerns. Airbus-Verkaufschef John Leahy schwärmt, "dank der großen Reichweite der A380 könne Emirates über die Umsteige am Golf mehr als 90 Prozent der Menschheit direkt anbinden." Das wird auch nötig sein, denn in den arabischen Emiraten leben nur in etwa so viele Menschen wie in Berlin. Der gigantische neue Flughafen mit sechs parallelen Runways möchte auch gefüllt werden. Vielleicht steigen wir ja bald - bei einem Flug in die USA - in Dubai um.
08 JUN 2010
Die ultimative Ausstattung für's WM-Public-Viewing:
Die Stimmen für Frau von der Leyen verdichten sich, vor allem bei der Kanzlerin. Es verbleiben noch 27 Tage bis zur Wahl-Deadline. Die Bundesarbeitsministerin scheint geeignet: Die Frisur ist Merkel-kompatibel, sie hat einen akademischen Grad, bei ihrer 70-seitigen Dissertation dürfte allein der Titel eine Seite füllen, und die Immobilie Bellevue böte genügend Platz für die sieben Kinder der Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen.
Der Bundespräsi ist eingeschnappt und schmeißt hin
Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben: Der Bundespräsident ist mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Ein Rücktritt in mimosenhaftem Selbstmitleid, denn "er vermisse den Respekt vor seinem Amt". Als Grund nannte Horst Köhler die Kritik an seinen Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz, als er sagte:
Das kann man - wenn man möchte - als Rechtfertigung des Afganistan-Krieges (es ist ja lt. von Guttenberg jetzt einer) durch Wirtschaftsinteressen auffassen. Kritik war da vorprogrammiert.
Cem Özdemir fasst es schön zusammen: "In einer lebendigen Demokratie ist auch das Staats- oberhaupt nicht sakrosankt gegenüber öffentlicher Kritik. Ein verantwortliches Staatsoberhaupt zeichne sich gerade dadurch aus, dass es solche Kritik aushalte und damit umgehen könne. Leider habe Köhler, seine Äußerungen zu Afghanistan nicht relativiert oder korrigiert. Der Schritt lasse sich eigentlich nur mit einer allgemeinen Amtsmüdigkeit erklären. Mit seinem Rücktritt sei Köhler nun auch Ausdruck des Niedergangs und Vorbote des Endes von Schwarz-Gelb."
a) Durch die fehlende Fahrt- und Fluglage-Information (Nachtflug, Gewitterwolke, alle IRS- Computer ausgefallen), wurde das Flugzeug überzogen und fiel ins Trudeln. Der zulässige Geschwindigkeitsbereich in der Reiseflughöhe ist relativ klein (siehe Sargecke) und liegt beim A330 in Flightlevel 350 bei minimal 760 und maximal 910 km/h. Leider läßt sich aber ein A330 offenbar nicht mehr aus dem Trudeln recovern. Diese These belegen Simulatorversuche.
Aber kann ein nach internationalen Regularien zugelassenes, vier Jahre altes und 190 Mio US$ teures großes Verkehrsflugzeug einfach so zerbrechen? Dies hängt primär von zwei Faktoren ab: Von der Stärke der Vertikalböe in Verbindung mit der Fluggeschwindigkeit und der Festigkeit des Flugzeugs (v-n-Diagramm). Die Festigkeit legt der Gesetzgeber (z.B. FAR part 25) fest und er fordert für Flugzeuge über 5,7 t nur eine überraschend geringe Festigkeit von +2,5 g / -1,0 g. Zusammen mit einem vorgeschriebenen Sicherheitsfaktor von 1,5 ergibt sich ein Bruchlast- vielfaches von gerade einmal 3,75 g bzw. 1,5 g negativ.
Eine ähnliche Problematik gibt es übrigens in der Seefahrt. Hochseeschiffe sind für gewisse maximale Wellenhöhen ausgelegt. In den letzten Jahren mußte man jedoch erkennen, daß Monsterwellen oder Kawenzmänner kein Seemannsgarn, sondern Realität sind, und das Schiffe damit nicht umgehen können. Sie zerbrechen, werden zerdrückt, kentern. An den Bauvorschriften hat dies aber bislang nichts geändert.
Mit dem Wissen über realistische Böenstärken sollte es nun möglich sein, Flugzeuge Gewitter- böen-resistent auszulegen. Dies würde aber eine massivere Struktur und damit mehr Gewicht bedeuten. Mehr Leergewicht kostet Sprit und damit Geld. Würde man Flugzeuge fester bauen, würde die Effizienz erheblich sinken. Dies aber ist völlig inakzeptabel im ruinösen Preiskampf der Airlines. Sicherheit ist also primär eine Kostenfrage, "Safety First" nur eine gern genutzte Phrase.
Wie auch immer der Unfall genau verlief, mit hoher Sicherheit wäre die Aufklärung der Details ein Desaster für Airbus und letztlich auch für die anderen Hersteller. Interessanterweise ist es trotz all der Hightech-Materialschlacht bis heute nicht einmal gelungen so große Teile wie Rumpf oder Tragflächen zu finden. Nicht nur die Opferverbände glauben deshalb mittlerweile: "In Wirklichkeit wollen sie die Blackbox gar nicht finden." Einzig Air-France könnte ein Interesse daran haben, die Schuld Airbus zuschieben zu können. Aber auch da wird es sicher gute inner- französische Lobbyarbeit geben. So widmet sich die Airline lieber der Opferentschädigung: US-Bürger bekommen 3 Mio Euro, Brasilianer 900.000 Euro und Europäer 30.000 Euro.
28 MAY 2010
Photoshop benimmt sich wie ein Psychopath
Wenn die Software zum siebten Mal am Tag abstürzt, prügeln manche Computer-Arbeiter auf ihren Schreibtisch ein. Ein Entwickler aus New York schreibt stattdessen kleine Geschichten in den automatischen Absturzmelder: Wie war das, als die Erde als Scheibe galt? Und wie wäre Photoshop als Büronachbar? Weiterlesen ...
27 MAY 2010
Weisheit #1248
26 MAY 2010
Der "brutalst-mögliche" hessische Landesvater geht
Das folgende Diagramm veranschaulicht die unterschiedlichen Prozesse im Hirn von Mann und Frau bei der einfachen Frage des Partners: "Gehen wir etwas trinken?"
Sicher kennen Sie die Story vom Kaiser, der neue Kleider kauft, vor seine Höflinge tritt und bestaunt und bewundert wird. Doch als ihn das Volk sieht, ist das Gelächter groß: Der Kaiser ist splitternackt! Keiner seiner Höflinge hatte den Mut, ihm die Wahrheit ins Gesicht zu sagen.
Dieses Spiel läuft in den Firmen jeden Tag ab. Ein Chef sagt Liefertermine zu, führt Produkte ein, fährt Werbekampagnen, plant Fusionen oder steuert neue Märkte an, während seine Mit- arbeiter längst wissen: Das geht schief. Denn sie sprechen jeden Tag mit den Kunden, kennen den Markt und haben live miterlebt, wie der letzte Chef über ähnliche Mätzchen gestolpert ist.
Aber welcher Mitarbeiter wagt es, dem Kaiser die Wahrheit zu sagen? Die Kollegen teilen sich in drei Gruppen: in solche, die ihre Bedenken äußern - sie gelten beim Chef als "Miesmacher". In solche, die sich ihren Teil denken - sie gelten beim Chef als Mitläufer. Und in solche, die den Irrweg bejubeln - sie gelten beim Chef als seine Leute.
Buckeln und Schmeicheln, Schmieren und Heucheln - manche Angestellte wollen auf einer Schleimspur ins Herz des Chefs rutschen. Und alle Kollegen, die ihnen in die Quere kommen, rempeln sie umstandslos beiseite. Ein Büro-ABC zur hohen Kunst des Kriechens.
Local Motors ist der wohl erste Web-2.0-Autohersteller: Unternehmensgründer Jay Rogers lässt Design, Marktforschung und Konstruktion komplett von einer Internetcommunity erledigen. Sieht so die Zukunft der Pkw-Branche aus?
Autoindustrie und Internet - das ist keine Liebesgeschichte. Während sich Manager anderer Branchen den Kopf darüber zerbrechen, was Phänomene wie offene Schnittstellen, soziale Netzwerke oder User-Feedback für ihr Geschäftsmodell bedeuten, arbeitet die Pkw-Branche im Wesentlichen noch genauso wie zu Zeiten Helmut Kohls. Dabei könnten Daimler oder GM vom Silicon Valley einiges lernen. Doch wie meist bei großen Veränderungen, sind es nicht die Dickschiffe, die eine Branche neu erfinden - sondern Garagenbastler, Visionäre, Träumer.
21 MAY 2010
Finanztransaktionssteuer
Durch ständiges Hin-und-herbuchen von großen (meist geliehenen) Geldbeträgen wird an den Börsen der Welt mit minimalen Kursschwankungen eine Menge Geld verdient. Werte entstehen mit diesen Finanztransaktionen nicht. Wenn aber Geld verdient wird und trotzdem keine Werte oder Waren entstehen, dann muß das irgendjemand bezahlen, denn es wird ja kein Geld ge- druckt. Dieser Jemand sind alle Menschen die den so entstandenen höheren Preis der gehan- delten Waren zahlen müssen. Also alle. Wir zahlen die Profite der Dealer, Broker und Hedge- fond-Manager. Eine Finanztransaktionssteuer könnte wenigstens einen kleinen Teil ihrer Profite wieder zu den Zahlemännern zurückführen. Hier können sie über Leerverkäufe abstimmen ;-)
Eine Überraschung für eine Geburtstagsfeier auf einer Alm bei Kufstein hat ein tragisches Ende genommen. Bei dem Versuch, von einem Leichtflugzeug einen Strauß Blumen abzuwerfen, berührte der 62-jährige Pilot aus Bayern bei schlechter Sicht mit einer Tragfläche den Boden und stürzte ab.
Lebenserwartung als Funktion des Altersunterschieds
Schlechte Nachrichten für Frauen auf Partnersuche: Ein Altersunterschied zum Mann erhöht laut einer Studie das Risiko eines früheren Todes - egal, ob der Partner jünger oder älter ist. Für Männer sieht es dagegen besser aus. Der Männer-Grundsatz "Heirate eine junge Frau, und du lebst länger" gilt nach wie vor. Weiterlesen ...