Kalkofes letzte Worte
Schalt mal die Zeitschrift aus

Damals in grauer Vorzeit, als die Frauen noch Schwänze hatten, die meisten Männer auch und viele von beiden zudem noch funktionierende Gehirne, da erfand der Mensch das Lesen. Er schrieb Romane auf Höhlenwände, meißelte Geschichten in Granit und kloppte ganze Wälder zu Kleinholz, um Papier für romantische Gedichtbände und tolle bunte Supermarkt-Wurfsendungen herstellen zu können. Informative Tageszeitungen und farbenfrohe Magazine, manche davon sogar mit angenehm schweinischen Fotos, kamen auf den Markt und begeisterten die Freunde des Alphabets mit wöchentlich wechselndem Textmaterial. Das Fernsehen, jener anspruchslose Brägen-Befeuchter, der unsere deaktivierten Köpfe ohne eigene Anstrengung mit flackernden Bildern überflutet, gesellte sich erst viel später zur großen Familie der Massenmedien. Mit Werken der Schriftkunst hatte er im Grunde herzlich wenig zu tun.

Zappt man sich jedoch heute durch die Kanäle, kommt es einem häufig so vor, als erlebte man eine Live-Übertragung von der Auslagetheke im Bahnhofskiosk: Spiegel TV, Stern TV, Max TV, Amica TV, Bravo TV, Brigitte TV, Ikea-Katalog TV, usw. usw. Wie es scheint, gehört dies zu den großen Opfern der Menschheit an die Moderne: So wie heute jeder Arsch ein Handy, jeder Fischhändler eine Homepage im Internet und jeder Kinderschänder seine eigene E-Mail-Adresse besitzt, gibt es - außer der Bäckerblume und den Lurchi-Heften - auch kaum noch eine Zeitschrift, die keine ihr zugehörige Fernsehsendung vorzuweisen hat.

Warum eigentlich, wo man mit einer TV-Show doch nicht mal einen Hering einwickeln, eine Fliege totschlagen oder den Hintern abputzen kann? Auch erscheint es einem nicht, als hätten die Glimmerformate uns irgendwie mehr zu sagen als ihre Druckversion, oder als könnten sie die Zuschauer durch mehr beeindrucken denn durch fehlende Existenzberechtigung. Und überhaupt - warum geht die Entwicklung immer nur in die eine Richtung? Wär’ doch klasse, wenn es auch umgekehrt das Print-Pendant zu jedem Sender gäbe, z.B. die öffentlich-rechtliche ARD-Postille! Dann könnte man auch gleich von allen, die lesen können, eine Grundgebühr einziehen und verlangen, daß man seine Augen bei der GEZ anmelden muß! Dazu vielleicht noch ein Fan-Magazin für die Zuschauer vom ZDF - oder könnten wir "Das Goldene Blatt" schon gelten lassen? Schön wären auch ein monatliches Malbuch für das mdr-Publikum und vielleicht ein paar gebundene leere Blätter als regelmäßiger Informationsdienst über alle neuen Ideen bei SAT.1! Das könnte man wenigstens alles wegschmeißen!

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