Kalkofes letzte Worte
Urlaubsgedanken (Teil 3)

Urlaub zu machen ist einer der am häufigsten wiederholten Fehler der Menschheit. Immer wieder fällt man auf die verlogene Lässigkeit der bezahlt grinsenden Reisemagazin-Hackfressen aus der Glotze herein, auf die sonnige Postkartenidylle windiger Werbespots und die unqualifizierten Versprechungen heuchlerischer Holiday-Makler.

Von wegen Entspannung! Beim Pauschalurlaub wird der Mensch zurücktransportiert in die Anfangsphase seiner Evolutionsgeschichte, er mutiert zum skrupellosen Einzelgänger, zum individualistischen Jäger und Sammler gefangen im Touristenrudel. Diese Transformation beginnt bereits, wenn er im Schütze des Morgengrauens an den feindlichen Zimmern vorbeischleicht, um mit dem Badetuch seinen Liegeplatz am Pool zu beanspruchen. Die frühe Fahnenablage des Homo pauschalicus zeugt von Überlegenheit, sie dient zur Festschreibung der herrschaftlichen Grenzen und zur Markierung des Reviers. Genauso gut könnte man auch einfach auf die Liege pinkeln oder einen elektrischen Jägerzaun drum herum bauen, aber hey - es ist Urlaub! Die Kampfkraft wird schließlich noch für das allabendliche Büffet-Manöver benötigt. Denn die Schlacht um die Erstfüllung des leeren Tellers mit der im Überfluss dargebotenen ungewürzten Schweinemast-Speise, den zerkochten Vortags-Futterresten und den in Schüsseln geworfenen Salat-Einzelteilen mit verzierenden Radieschen-Schnitzereien kostet Mut und Geschick gleichermaßen. Und die Verdauung des Ganzen läuft ja auch nicht von allein.

Der ganze Mann ist gefordert, sobald die Situation eskaliert. Wenn beispielsweise ein anderer fetter Arschtourist auf der annektierten Liege hockt, irgendeine blöde Kuh einem die letzte kaltfrittierte Calamares-Rosette wegschnappt oder der debile Beachvolleyball-Animateur einen in der intensivsten Bräunungsphase zu unnötiger Bewegung überreden möchte. Im Wilden Westen gab es die Lynchjustiz, im Urlaub hilft nur resolute Unfreundlichkeit. Oder Lästern. Überwachendes Gaffen und spöttisches Tratschen über die anderen Monster im Zoo, möglichst ohne dabei zu realisieren, dass hier die Grenze zwischen Insasse und Zuschauer fließend verläuft. Die sicherste Methode für einen professionell misslungenen Urlaub ist und bleibt allerdings, sich einfach die "Was man auf keinen Fall tun sollte"-Liste aus dem Reiseführer zu reißen und Punkt für Punkt aktiv abzuarbeiten. Denn wer ohne Sonnenbrand, Salmonellenvergiftung und überteuerten Folklore-Trottelnepp nach Hause kommt, ist ein spießiger Versager und hat den wahren Sinn des Urlaubs nicht begriffen: nämlich ganz dringend einen weiteren Urlaub zu brauchen!

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