Kalkofes letzte Worte
Ich fühle nichts !

Auch wenn ich eigentlich eher ein Freund der filigranen Sprache und lyrischen Prosa bin, ein offenes Wort sei mir hier gegönnt: Verdammte Scheiße, geht mir das verfickte Wetter auf den Sack, das glaubt man gar nicht! Genauer gesagt: der Umgang mit selbigem in den Medien ist es, der in mir den Wunsch erweckt, den nächsten grinsenden Wettermann mit einer abgesägten Schrotflinte über seine dahingekrickelten Tiefdruckwirbel zu verteilen, noch bevor er seine selbstgereimte Bauernregel zu Ende gestümpert hat.

Einst war das Wetter das, was es ist: ein Naturereignis, ein klimatischer Zustand, mal so, mal so - es war halt einfach da. Erforscht und erkundet wurde es von verschrobenen Meteorologen, tanzenden Medizinmännern und dicken Laubfröschen auf Leitern in Einmachgläsern. Wenn man wissen wollte, wie das Wetter war, schaute man aus dem Fenster oder fragte den Nachbarn. Heute aber ist es der wichtigste Infotainment-Bestandteil einer jeden Nachrichtenshow und beansprucht 60% des Wortanteils aller bundesdeutschen Radiostationen. Keine Stunde vergeht, ohne daß man zwischen Phil Collins und Genesis von einem berufsverblödeten Moderator mit hirnrissigem Informationsmüll belästigt wird und erfahren muß, wie letzten Freitag um zwölf die Ortstemperatur der unbedeutendsten Plätze zwischen Harsewinkel und Hundeweiler waren. Selbst die Nennung der Schuhgrößen aller Frührenter in Bottrop wäre noch sinnvoller, aber für das bescheuerte Wetter gibt es inzwischen sogar einen ganzen Kanal, wo rund um die Uhr erzählt wird, ob es im Emsland schifft oder auf Kreta nieselt.

Um der Dummheit der Welt aber die Krone ins Gesäß zu bohren, gibt es jetzt auch die gefühlten Temperaturen! Ja meine Fresse - von wem denn gefühlt? Von einem arbeitslosen polnischen Gebrauchtwagenhändler nackt auf einem Kartoffelacker oder von Tante Trulla mit Persianer-Schlüpfer und dem Arsch auf der Heizung? Da man Temperaturen nur messen aber nicht fühlen kann, wahrscheinlich ermittelt von freiwilligen Hämorrhoiden-Patienten mit Barometer im Hintern und Thermometer am Schniedel, die dann nach Hause faxen, daß es nachts kälter ist als draußen. Als nächstes: die geahnte Temperatur, die befürchtete Temperatur, die Vorhersage für die Werte von gestern, das Wetter für Tiere, für Kinder, für Frauen und für Schnauzbartträger, vorgetragen als Schüttelreim von einem einarmigen Jongleur mit Sprachfehler und lustigem Partyhütchen. Ich gebe zurück in die Anstalt, weiter mit dem Wetter!

    Kalkofes letzte Worte  

nach oben

  
drucken   |   gästebuch   |   kontakt   |   impressum