Kalkofes letzte Worte
Eine Welt ohne Fernsehen

"Oh, wie herrlich das doch wäre!" jauchzen da die zauseligen Kulturpessimisten und recken frohlockend ihre Rollkragenhälse aus den Strickjacken. "Endlich keine mediale Verdummung der nach Bildung dürstenden Massen mehr! Laßt uns selbst für Unterhaltung sorgen und auf der Flöte blasen zu satirischen Schelmenliedern des Mittelalters!"

Zugegeben, das klingt klasse, aber wären wir ohne Fernsehen nicht auch viel ärmer? Wir hätten keine Morgenmagazine mit holperig verreimten Wettervorhersagen und Performance-Künstlern aus der Schlager-AG der Deutschen Stümpergilde, keine Dauerwerbesendungen, in denen wir die Vorteile von Po-Trimmern, Hirn-Enteisern, Sack-Liftern und Angelködern für die Mikrowelle kennenlernen, und keine arschwitzigen Filme von Promis beim Nasepopeln vor der versteckten Kamera. Ohne unsere täglichen Vor-, Während- und Nachmittags-Talkshows wüßten wir gar nicht, wie furzlangweilig und erschreckend uninteressant doch das Leben der anderen ist und wieviel kleine geile Latex-Teufelchen in der Hirnschale des durchschnittlichen Filialstellenleiters schlummern. Gesellschaftliche Klüfte wären ohne Gameshows größer denn je, denn nie wäre es möglich gewesen, daß arbeitslose Kindergärtner, übergewichtige Metzgersgattinnen und wohlsituierte Gesäß-Chirurgen mit Adelstitel Seite an Seite durch explodierende Schleimtunnel robben, um eine Reise ins Sauerland zu gewinnen.

Gäbe es keine Fernsehkrimis, würde man denken, die Polizei bestände ausschließlich aus schnauzbärtigen Männern und Frauen in kantigen C&A-Uniformen, die wegen chronischer Lethargie und schlechter Deutschnoten vorzeitig die Schule verlassen mußten - aber niemand wüßte, daß es dort auch coole Typen wie Kommissar Rex oder Stephan Derrick gibt. Sogar die Emanzipation hätte vielleicht inzwischen über die rüde Männerwelt obsiegt, wären da nicht Brustgeschwader wie Verona Feldbums oder Dolly-Boom-Boom-Buster auf den Bildschirm geflogen, um zu beweisen, daß die meisten der doofen Chauvi-Klischees nun mal doch der Wahrheit entsprechen.

Sehen wir es endlich ein: ohne Fernsehen wäre die Erde trotzlos und leer! Rentner und Hausfrauen würden einsam verkümmern. Eltern müßten sich wieder um ihre Kinder kümmern, und den meisten programmverantwortlichen Redakteuren bliebe nichts anderes übrig, als wie früher hauptberuflich als Dorftrottel zu arbeiten. Beten wir also, daß wir das Fernsehen nie verlieren!

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