Kalkofes letzte Worte
Das Leben aus der Steckdose

Die Japaner hatten irgendwie schon immer einen an der Waffel. Sie sprechen hibbeliger als ein Cassettenrecorder im Schnellrücklauf, essen lieber rohen Fisch als ein gut zerkochtes Schlemmerfilet und sind im Durchschnitt nicht größer als Peter Maffay. Ihre einzigen kulturellen Geschenke an die Welt waren Godzilla und der Mazda 323. Aber auch, wenn sie überall ungefragt ihre Schuhe ausziehen, Atomtests durchführen oder sich gegenseitig fotografieren - auf technischem Gebiet sind sie ungeschlagen.

Fernseher, Videorecorder, Kameras, Eierkocher... das alles war nur der Anfang! Denn jetzt ist es Frankenstein-San und seinen gelben Igors sogar gelungen, künstliches Leben zu erschaffen! Tamagotchi heißt die batteriebetriebene Kreatur, und sie ist ungefähr das gleiche wie ein elektronischer Hamster zum Mitnehmen. Ein kleines buntes Ei mit einem häßlich dahingekrakelten Computervieh, das durch Betätigen einiger Tasten gefüttert, geknuddelt oder den Hintern abgewischt bekommen muß. Wenn nicht, nibbelt es ab... oder pißt einem in die Jackentasche.

Kümmert man sich nicht um das Teil, wird es depressiv und später einmal ein drogensüchtiger Schwerverbrecher. Ich warte schon heute auf den Tag, an dem mich ein heruntergekommenes Tamagotchi am Bahnhof um eine Mark anbettelt... und dabei will es in Wahrheit doch nichts als einen Knopfdruck Liebe!

Glauben Sie mir - nicht mehr lange, und es wird die ersten lebenden Fernsehgeräte geben. TV-Gotchi werden sie heißen, und ihre Sendungen werden sich nicht wie bisher lediglich von Einschaltquoten ernähren, sondern von der Zuwendung und der Zärtlichkeit der Zuschauer. Wenn wir in den Urlaub fahren, müssen wir den Fernseher mitnehmen oder an der Autobahnraststätte ausetzen. "Du hast wieder nicht Schreinemakers geguckt! Margarethe hat die ganze Nacht geweint!" wird eines morgens auf dem Bilschrim stehen. "Gib über Videotext ein, daß du sie liebhast!" Wir werden dann via Fernbedienung Hans Meiser füttern, Hera Lind loben, Vera wiegen, Koschwitz die Glatze streicheln, Arabella den Mund zuhalten und Dolly Buster befummeln müssen, wenn wir sie nicht auf dem Gewissen haben möchten. Sehen wir nicht genug fern, wird der Apparat verkümmern und nur noch Volksmusik-Shows abspielen, bis er wieder gut drauf ist. Und falls wir zu oft "Fliege" oder "Geliebte Schwestern" gucken, macht er endgültig Schluß und zieht sich selbst den Stecker raus. Bis dann - wir sehen uns auf dem Fernseh-Friedhof!

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