Kalkofes letzte Worte
Ein Herz für Sünder

Viel zu selten erlebt man im Fernsehen Momente, die man nicht vergisst. Zum Beispiel damals, als die falsche Froschfresser-Rothaut Winnetou aus den Pantuschen geschossen wurde oder der nackichte Ernie in der Sesamstraßen-Wanne einer Gummi-Ente seine Liebe gestand. Szenen, die einen in der Seele berühren und niemals wieder loslassen. So wie auch neulich die Pressekonferenz unseres ehemaligen Lieblings-Bundeskanzlers, in der dieser mit masochistisch brutaler Offenheit seine privaten Spenden-Sparschweine für die Strafzahlungen der ruhelosen Rest-Union ausschüttete. Es ist zwar schon ein paar Wochen her, aber dieses Bild hat sich mir ganz tief eingebrannt. Da saß er nun, der Trauerkloß: ein von der eigenen Partei kleingekochtes Häufchen Kohl, ein gebrochener Gigant auf der Sünderbank. Patzig wie immer, aber melancholisch lächelnd wie das einzig verbleibende Exemplar der aussterbenden Spezies des Schwarzgeldmammuts, dessen letzes Konto bei der Freibank liegt. Ich könnte heute noch weinen.

Okay, zugegeben: Im ersten Moment war auch ich spontan empört über diese Aktion, geblendet durch weinerliches Gerechtigkeitsgefasel und böswillig kritische Fragen der hetzenden linken Kampfpresse. Ich fragte mich: Wie kann der korpulente Mann da vorne, der sich andauernd die Lippen abschleckt wie ein Mops, der aus der Kloschüssel getrunken hat, sich bloß erdreisten, durch illegale Spendenverklappung die Gesetze zu brechen und dann sogar die Strafe dafür aus der Sammelbüchse zu bezahlen? Ist das nicht ein bisschen so, als würde man jemanden ermorden und sich dann die Beerdigung von der Kriegsgräberfürsorge bezahlen lassen?

Doch schnell kehrte ich diesem kopflastigen Genörgel den eigenen Rücken und folgte meinem Herzen. Was wir dort miterleben durften, war ein wahrer Akt der Barmherzigkeit! Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sterben an Hunger, Kriegsflüchtlinge vegetieren in Auffanglagern, in Mosambik kämpft ein ganzes Volk um das nackte Überleben – doch trotz allem finden sich bei uns genug wirtschaftlich wohlsituierte Philantropen, die sich von solch billigem Elend nicht beeindrucken lassen und ihre mühsam vor der Steuer geretteten Tausender lieber einem ertappten Profi-Geldwäscher zur Schadensbegleichung schenken. Das zeugt von Charakter. Schließlich muss man auch Prioritäten setzen können. Robin Hood 2000 – von den Reichen nehmen und es anderen Reichen geben. Und sich wenn nötig gegenseitig den Anwalt bezahlen. Da Menschen bekanntermaßen ziemlich dumm sind, zeugt diese Tat von wahrhaft überdimensionaler Menschlichkeit. Ich bin gerührt.

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