Kalkofes letzte Worte
Der Adl-Stadl

Eine Frage beschäftigt mich seit Wochen: Ist der türkische Expo-Pavillon, gegen dessen Wand sich der charismatische Puller-Prinz Ernst-August jüngst so öffentlichkeitswirksam erleichtert haben soll, jetzt eigentlich im Wert gestiegen oder gesunken? War man dort pfiffig genug, die seltene Urin-Signatur des hoheitlichen Zipfels für die Nachwelt als Touristenattraktion zu konservieren? Oder ist von der tollkühnen Tat des stolzen Adelsgeschlechts nichts geblieben als ein bleicher Schatten an der Außenwand der Geschichte?

Welch großartige Gelegenheit dies doch wäre, Hannover zu einer internationalen Pilgerstätte für herzögliche Nierenteetrinker und blasenschwache Gala-Leser werden zu lassen. Einmal pissen wie ein Prinz! Davon träumt der Pöbel seit Jahrhunderten. Zudem könnte die Vermarktung des fürstlichen Wasserabschlags endlich dazu führen, die ungerechte Medienhysterie um den feucht-fröhlichen Ausrutscher des charmanten Schirmschlägers etwas abzudämpfen. Mein Gott, was soll der arme Mann denn machen, wenn sein Frauchen nicht mit ihm Gassi geht?

Außerdem ist Ernie ja nicht irgendein dummer August, der aus Jux öffentlich den Wurm auswringt, sondern der Welpenfürst von Hannover. Das ist sein Land – der hat nicht einfach so an die Mauer gelullert, der wollte sein Revier markieren! Wir sollten lernen, wieder stolz zu sein auf unsere Adeligen. Sie haben es nicht leicht. All der ermüdende Reichtum, den ganzen Tag vorgeben, man wäre noch wichtig, freundlich lächelnd dem niederen Volk zuwinken, sinnvoll die Domestiken beschäftigen, den zuckenden Lümmel im Zaum halten – und alles stets begleitet von einem gierigen Paparazzirudel der sensationslüsternen Boulevardpresse. Das geht an die Nerven.

Trotzdem sollten die skandalfreudigen Titelträger auf der Hut sein. Pöbeln, Prügeln, Pinkeln – das macht Spaß, wird von der Öffentlichkeit auf Dauer aber nicht geduldet. Nur ein paar peinliche Ausrutscher mehr könnten dazu führen, dass Adelige ähnlich eingestuft werden wie Kampf-hunde. Genereller Leinen- und Maulkorbzwang, polizeiliche Hosenstallversiegelung, allgemeines Zuchtverbot für erblich vorbelastete Fürstenstämme, tausende durch Parkanlagen streunende ausgesetzte Blaublüter mit leeren Champagner-Gläsern – so weit muss es nicht kommen. Wer sich einen abgerichteten Adeligen hält, muss lernen, auch Verantwortung für ihn zu übernehmen. Genügend Auslauf bei festlichen Empfängen, ein wenig Benimmtraining und ab und zu ein Kaviarkanapee als Leckerli mindern die Aggression und verhelfen zu einem friedlichen Miteinander. Sitz und Platz! Brav.

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