Kalkofes letzte Worte
Mit schlechtem Beispiel voran

Unsere armen Kinder! Mein Gott, denkt denn keiner mehr an die Kinder? Wie sollen die heutzutage noch zu anständigen Menschen aufwachsen, bei all dem, was sie alltäglich in den Medien geboten bekommen! Mit welchen Argumenten will man ihnen denn erklären, daß Ehrlichkeit eine Tugend ist und sie in der Schule nicht vom Nachbarn abschreiben sollen, wenn andererseits mindestens die Hälfte der Fernsehmillionen durch Kopieren, Abgucken und Ideenklauen verdient wird? Nehmen wir beispielsweise Jörg Pilawa, der neuerdings nicht nur vormittags als smartgelutschte Laberbacke den Bildschirm vollsabbelt, sondern uns abends als gütiger Quiz-Onkel auch noch den flachgebügelten Pausensnack-Jauch vorkaspert. Oder den schmerzhaft schönen Blitzezahn Holgi Speckhuhn, der als Inselduell-Sekundant im Moderationstanga die wilden Tiere weglächelt und es sogar schafft, uns ein doppelt gemopstes Hirni-Format zu präsentieren, noch bevor das Original anläuft. Das exclusivgeklonte "Blitz"-Magazinchen sollte man wegen seiner brutalen Belanglosigkeit besser gar nicht erst erwähnen. Wer, ohne sich dabei in Grund und Boden zu schämen, mit derart peinlicher Dreistigkeit Sendungen abpaust wie momentan federführend die Kreativ-Zombies von Sat.1, der sollte eigentlich den Arsch versohlt kriegen, einen Brief an die Eltern bekommen und bis zum Sendeschluß mit der Eselsmütze auf der leeren Redaktionsrübe in der Ecke stehen.

Fernsehleute haben da allerdings eine Art Wikinger-Mentalität entwickelt. Das ist immer noch besser als richtig arbeiten oder selber denken. Inzest läßt sich dabei nicht ganz vermeiden, aber auch wenn man sich zuerst freut, daß alle Enkel aussehen wie Papa - zur Strafe hat jede neue Generation noch einen mehr an der Waffel. Trotzdem wird es immer schwerer, unsere Kinder zum Lernen zu motivieren, wenn sie durch all die Zlatki, Veronas und Naddel-Bomber mitbekommen, daß nicht die Eins im Abi Ruhm und Reichtum verspricht, sondern vielmehr das fröhliche Doofsein, so richtig dicke Titten oder sich von Dieter Bohlen nageln zu lassen. Oder man schiebt sich einen Käse in die Hose und behauptet, man wäre Holländer. Hauptsache, man zeigt keine Skrupel. Was man in der Schule gelernt und aus Langeweile versehentlich behalten hat, sollte man besser schnell vergessen, bevor es ernst wird. Wer ein gutes Zeugnis hat, wird jedenfalls große Schwierigkeiten haben, einen Job beim Fernsehen zu bekommen. Solche Querulanten machen dort nur Angst. Schließlich könnten die versehentlich mal eine eigene Idee haben oder irgendwann merken, wie bekloppt alle in Wirklichkeit sind. Und zu viel Wahrheit ist eigentlich nie gesund.

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