Luftfahrt-Lexikon   V

 V-Leitwerk
V-Leitwerke (engl. V-tail, butterfly-tail, ruddervator) sind eine relativ unkonventionelle Art die Leitwerksfunktionen
zu übernehmen. Die bei konventionellen Leitwerken getrennten Funktionen Höhenruder und Seitenruder werden gemischt und durch die beiden V-förmig ange- ordneten Flossen gemeinsam übernommen. Die Vorteile eines V-Leitwerks sind geringeres Gewicht und Wider- stand durch die kleinere Leitwerksfläche. Außerdem entsteht weniger Interferenzwiderstand. Nachteile sind die doch recht komplexe Steuerkinematik (Mixer) für die beiden Ruderfunktionen und die erhöhten Belastungen am Rumpfheck beim gieren und nicken. Das V-Leitwerk beeinflußt auch die Trudel-Eigenschaften. Die Seitenruderwirkung zum Ausleiten ist begrenzt. Das V-Leitwerk hat sich nie richtig durchsetzen können. An folgenden Flugzeugen kam es zum
Einsatz:  Beech Bonanza, Fouga Magister, Lockheed F-117, H-101 Salto.

Abb.: Steuerkinematik für ein V-Leitwerk (Kaiser Ka-1)

V-Leitwerk T-Leitwerk
Vorteile beim Kreisflug annähernd deckungsgleiche Lage der Leitwerks-Hälften zu den Wirkebenen in Normalfluglage keine Verluste durch die sinnrichtig liegenden Wirkebenen
nur ein einziger Winkel, in dem bremsende Inter- ferenzströmungen entstehen - zudem größer 95° Höhenleitwerk wirkt als Endscheibe zum Seitenleitwerk
hohe Streckung des HL, da diese auf die tatsächlichen beiden Spannweiten der LW-Hälften gerechnet werden muß Ruderausschläge erzeugen keine zusätzlichen Momente in anderen Flugebenen
gute Kreisflugstabilität mit guter Nutzung der zusätzlich entstehenden Kräfte in der Rollebene - Stabilisierung gute Richtungsstabilität beim Horizontalflug entsprechend der Seitenleitwerks-Wirksamkeit
sehr gute Gewichtsbilanz, geringe Massenträgheit, relativ bruchunempfindlich einfache Montage bei gedämpfter Leitwerksform
Nachteile Anlenkung etwas aufwendig und bei großen Ruderwegen evtl. kritisch wegen der Kreisbahn
der Ruderhörner.
Massenträgheit des Höhenleitwerks belastet den Rumpf bei harten Landungen
je nach Bauform sperrig beim Transport Gewichtsnachteil
falsche Lage der Wirkrichtungen beim Gerade- ausflug, daher werden zusätzliche Momente erzeugt, die keine nutzbringende Wirkung hervorrufen - daher Defizit besonders in der SL-Funktion Falsche Lage der Wirkrichtungen beim Kreisen
Gierbewegungen ergeben Drehung um die Querachse Geringe Streckungen von HL und besonders SL
geringe Ruderwegunterschiede können zu unbeabsichtigten Steuerfehlwirkungen führen, Bsp.: Rollbewegung beim schnellen Looping theoretisch höherer Widerstand durch die geringen Streckungen und die Interferenzverluste

 V-Stellung
positive V-Stellung (Dihedral) an einem KleinflugzeugWinkel den die Tragflügel aus der Horizontalebene geneigt sind. Eine positive V-Stellung erhöht die Stabilität um die Längs- oder Rollachse eines Flugzeugs, eine Negative die Wendigkeit (Bsp. Starfighter). Nach einer Störung entsteht durch die V-Stellung asymetrischer Auftrieb.

 variables ZFW
Normalerweise ist das maximale Take-Off Gewicht (MTOW) ein fester Betriebswerte eines Flugzeugs der im Handbuch festgelegt ist. Es gibt jedoch Flugzeuge (z.B. B747 Frachter, A300 Frachter), bei denen hängt das MTOW vom ZFW, also letztlich vom Gewicht der Ladung ab. Das MTOW bestimmt sich dann über eine Formel wie MTOW = (-2,36 * ZFW) + 1046690. Der Grund für diese ungewöhnlichen Operation-Limits liegt in der Lastverteilung. Weniger Ladung (im Rumpf) und dafür mehr Kraftstoff (in den Tragflächen) führt zu einer strukturell weniger belastenden Gewichtsverteilung und deshalb zu einem höheren MTOW.

 Variation (Ortsmißweisung)
Die Wanderung des magnetischen Nordpols vom Jahre 1600 bis heute (2000)

Abb.: Wanderung des magnantischen
Nordpols von 1600 bis heute (2000)
Die magnetischen Pole der Erde fallen nicht mit der Lage der geographischen Pole zusammen. Magnetisch Nord (MN) liegt zur Zeit etwa 2000 km südlich des geographischen Nordpols in Nordkanada. Die Magnetnadel eines nur vom Magnetfeld der Erde beeinflußten Magnetkompasses, der im Flugzeug als Grundinstrument für die Richtungsfindung dient, wird sich aus diesem Grunde parallel zu den Feldlinien des Erdmagnet- feldes - also in Richtung der magnetischen (mißweisenden) Meridiane - ausrichten und nicht nach rechtweisend Nord (TN) zeigen. Der Winkelbetrag, um den mißweisend Nord von recht- weisend Nord abweicht, wird in der Navigation Variation oder Ortsmißweisung oder Deklination genannt. Da die Magnetfeld- linien durch magnetische Anomalien verzerrt werden, ist die Variation geographisch sehr unterschiedlich. Die maximal mög- liche Variation beträgt 180°, genau zwischen magnetischem- u. geographischem Nordpol.   Tool zur Ermittlung der Variation.

 Variometer
Das Variometer, eines der sechs Hauptfluginstrumente, gibt die Steig- oder Sinkrate eines Luftfahrzeugs an, gewöhnlich in Fuß pro Minute. Große Luftfahrzeuge sind fast immer mit einer hochentwickelten Version dieses Instruments ausgerüstet, einem verzögerungsfreien Variometer, das unmittelbar auf Höhenänderungen reagiert.

 VASI
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 VDB
Ist ein Flug überbucht und nichts geht mehr, so versuchen Fluggesellschaften häufig mittels Geschen- ken (Upgrade, Hotelgutschein, VDB-Voucher) oder Bargeld den Passagier zum freiwilligen Verzicht des Fluges zu überreden. Dabei spricht man von einem "voluntary denied boarding" oder "bumping".

 VDF (UKW-Peilfunkanlage)
Flugplätze, die über einen VDF-Peiler verfügen, sind in der ICAO-Karte dadurch gekennzeichnet, daß die Frequenzangabe, auf der der Peiler arbeitet, unterstrichen ist. Man ruft den Peiler auf der angegebenen Frequenz und erbittet ein QDM. Über Sprechfunk wird man aufgefordert, einige Sekunden die Sendetaste zu drücken. Auf der Kompassrose der Bodenstation erscheint ein Signal, so dass sofort das QDM über Sprechfunk an die rufende Luftfunkstelle übermittelt werden kann. Diese Art der Peilung ist Fremdpeilung, da das QDM von der Bodenstation ermittelt wird.

 Venturirohr
Das Venturirohr ist ein Druckgeber bzw. Meßinstrument für die Strömungsgeschwindigkeit von Flüssigkeiten und Gasen. Es arbeitet nach dem Venturieffekt, der vom italienischen Gelehrten Giovanni Battista Venturi entdeckt und von Daniel Bernoulli mathematisch beschrieben wurde. Das Venturirohr besteht aus zwei gegeneinander gesetzten trichterförmigen glattwandigen Rohrstücken, die eine Verengung bilden. Das durchströmende Medium muß (im Verhältnis der Querschnitte A1 und A2) seine Geschwindigkeit erhöhen um die Kontinuität zu erfüllen. Der Abfall des statischen Drucks an der engsten Stelle kann dann gemessen werden und stellt ein Äquivalent der (Flug)-Geschwindigkeit dar.


 Verdichtungsstoß
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 Verdrängungskörper
Ein Verdrängungskörper (auch Whitcomb Shock Body genannt) ist ein aerodynamisches Hilfsmittel um die Flächenregel auf eine Flugzeugkonfiguration anzuwenden. Im Verlauf der Flugzeuglängsachse sollte die gesamte Querschnittsfläche möglichst stetig an- und absteigend gestaltet sein. Durch geeignete Gestaltung der Querschnittsverläufe und passende Anordnung der einzelnen Bauteile in Längsrichtung ist das bei praktischen Flugzeugentwürfen meist in guter Näherung erreichbar. Notfalls können Einbuch- tungen im Querschnittsverlauf durch zusätzlich angebrachte Verdrängungskörper ausgeglichen werden. Eine typische Maßnahme zur Verbesserung der Querschnittsverteilung ist z.B. die Einschnürung des Rumpfes im Bereich des Flügels (Wespentaille). Bei Transportflugzeugen mit einem konstanten Passagier- oder Laderaumprofil ist das natürlich nicht ohne weiteres möglich. In diesem Fall muß die stetige Querschnittsverteilung durch geschickte Anordnung der Flügel und der Triebwerksgondeln sowie durch zusätzliche Aufdickungen oder separate Verdrängungskörper angenähert werden.



Abb.: Verdrängungskörper an der Tragfläche einer Convair Coronado

 Vereisung
Vereisung ist eine der größten durch das Wetter hervorgerufenen Gefahren für die Fliegerei. Sowohl bei Flugzeugen als auch bei Hubschraubern kann die laminare Umströmung und damit die Flugleistung erheblich vermindert werden. Darüber hinaus kann die Zelle in so starke Vibrationen versetzt werden, daß es häufig zu erheblichen Schäden kommt. Eisansatz im Ansaugsystem führt oftmals zum Trieb- werksausfall. Andere gefährliche Auswirkungen von Eisbildung sind Ruderblockieren, Funktionsstörung an Bremsklappen und Fahrwerken, Sichtbehinderung an Kabinenscheiben, Mißweisungen von Instrumenten und Funkstörungen. Grundsätzlich läßt sich Vereisung in zwei Hauptformen einteilen - Zellenvereisung und Triebwerksvereisung in Form von Vergaservereisung.

Luftfahrzeuge sind der Eisbildung in besonderem Maße ausgesetzt, wenn die Umgebungstemperatur 0°C beträgt oder tiefer liegt und wenn gleichzeitig eine hohe relative Luftfeuchtigkeit vorhanden ist. Bei Windkanalversuchen konnte man feststellen, daß gesättigte Luft schon bei Temperaturen um 4°C Vereisung an Modellen hervorrufen kann. Die Oberflächentemperatur am Objekt wird durch Verdunstung und Druckwechsel beeinflußt. Demgegenüber wird das Objekt bei hohen Geschwindigkeiten erwärmt und bei gesättigter Luft erfolgt zusätzliche Wärmezufuhr durch den Aufschlag der Wassertropfen.



Bei Fluggeschwindigkeiten über 750 km/h heben sich diese beiden Faktoren (Kälte- und Wärmezufuhr) auf. Deshalb wird sich in der Praxis Eis bei Temperaturen bilden, die um den Gefrierpunkt oder niedriger liegen. Eisbildung erfolgt bei Temperaturen bis -25°C; in Gewitterfronten kann sie noch tiefer liegen.

Wolken sind eine Form sichtbarer Luftfeuchtigkeit. In unstabilem Zustand, wie bei Cumuluswolken, vereisen diese unterkühlten Wassertropfen durch den Anstoß eines durchfliegenden Luftfahrzeuges. Eisbildung an Tragflächen und Leitwerk beeinträchtigt stark die Umströmung des Profils. Weniger Auftrieb, höheres Gewicht und größerer Widerstand sind die Folge; die Mindestgeschwindigkeit erhöht sich. Eisschichten von 10 - 12 mm Stärke an Profilnasen können Auftriebseinbußen und Widerstands- erhöhungen von 50% verursachen. Diese Schichtstärke kann unter Umständen innerhalb einer Minute entstehen. Eisansatz an Propellernaben und Propellerblättern vermindert den Wirkungsgrad, der nur durch erhöhte Triebwerksleistung ausgeglichen werden kann. Durch ungleiche Eisverteilung entsteht eine gefährliche Unwucht, die sowohl den Propeller als auch das Triebwerk beschädigen kann. Propeller mit niedriger Drehzahl vereisen schneller als solche mit höherer Drehzahl.

Eisbildung am Staurohr und an der statischen Druckentnahme führt zu falscher Fahrt- und Höhenan- zeige. Auch die Variometeranzeige wird beeinträchtigt. Bei Vereisung der Radioantenne wird der Funk- verkehr gestört. Vereiste Windschutzscheiben entstehen häufig in der kritischen Start- und Landephase. Alle größeren Flugzeuge sind deshalb mit Enteisungsanlagen ausgerüstet. Diese Anlagen arbeiten entweder mechanisch, thermisch oder mit Flüssigkeiten (siehe Enteisung).



Abb.: links: Eisansatz an einer Tragfläche; rechts: Zusammenhang zwischen statischer Lufttemperatur,
Fluggeschwindigkeit und zu erwartender Vereisung

 Vergaservereisung
Vergaservereisung ist die häufigste und zugleich die gefährlichste Form der Vereisung. Sie kann sich sogar bei hohen Temperaturen bis zu 25°C einstellen. Vergasereis entsteht durch die Kraftstoffverduns- tung und den Unterdruck. Eisansatz bildet sich im Ansaugrohr und im Bereich um die Drosselklappe.

Bei eingeschalteter Vergaservorwärmung wird die Luft nicht über Filter, sondern über Wärmetauscher am Auspuffrohr angesaugt. Die Erwärmung der Ansaugluft reicht aus, beginnende Eisbildung zu verhindern, nicht aber starken Eisansatz zu entfernen. Die Vorwär- mung bringt Leistungsabfall sowie höhere Betriebstemperaturen
mit sich und sollte deshalb nicht unnötig eingeschaltet werden.

Vereisung der Kraftstofftankentlüftung führt zu Störungen der Kraftstoffversorgung. Kraftstoffvorwärmung vor dem Hauptfilter verhindert, daß austretende Eiskristalle Filter und Leitungen verstopfen.

Durch die Verdampfung und Vernebelung des Kraftstoffs im Vergaser von Kolbentriebwerken, in Verbindung mit einer Ausdehnung der in das Vergaser-Venturirohr eintretenden Luft, kühlt sich das Kraftstoff-Luft-Gemisch im Vergaser stark ab. Allein durch die Verdunstung kann die Temperatur in der Mischkammer des Vergasers zwischen 20°C und 40°C sinken. Der in der Luft immer enthaltene Wasserdampf kondensiert aufgrund der extremen Abkühlung sofort nach Eintritt in das Vergasersystem.

Sinkt die Temperatur in der Mischkammer bis unter den Gefrierpunkt ab, so bildet sich Eis, das vor allem am Venturi und an und hinter der Drosselklappe anfriert. Schon der kleinste Eisansatz im Vergaser führt zu einem Leistungsverlust und bei sich fortsetzender Eisbildung (Zufrieren der Ansaugleitung) kann der Motor - besonders bei teilweise oder ganz geschlossener Drosselklappe (Leerlauf) - ausfallen. Video.

 Vergaservorwärmung (carburetor heat system)
Um der gefährlichen Vergaservereisung zu begegnen sind viele Motoren mit einer Vergaser-Vorwärm- anlage ausgerüstet. Dabei wird Außenluft in einen Mantel, der um einen Teil der sehr heißen Auspuff- rohre gelegt ist, geleitet und vorgewärmt. Diese vorgewärmte Luft läßt sich nun kontrolliert der kalten angesaugten Luft beimischen.

Vergaservereisung tritt weniger bei sehr kaltem Wetter (weit unter 0°C) auf, sondern vorwiegend bei Temperaturen zwischen -5°C und +18°C und bei hoher relativer Luftfeuchte (Regen, Wolkenflug, Dunst, über Wäldern und Seen).
Die Vergaservorwärmung beeinträchtig die Leistung des Motors, da warme Luft weniger dicht ist als kalte Luft. Deshalb besser ohne Vergaservorwärmung starten.
Vergaservereisung macht sich bei Flugzeugen mit starrer Luftschraube durch Drehzahlabfall und rauhen Motorlauf bemerkbar. Bei Flugzeugen mit "constant speed"-Propeller fällt bei Vergaserver- eisung der Ladedruck ab, die Drehzahl ändert sich jedoch nicht.

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